06.09.2017 Organisation

Prof. Sailer in Indien – Besuch 2017

Noch heute erzählt Prof. Sailer von dem Tag, an dem er und Dr. Shetty 543 Patienten gesehen und untersucht haben.

Wenn Dr. Dr. Vikram Shetty in der vierten Etage des Universitätsklinikums im indischen Mangalore seine Sprechstunde für Cleft-Patienten öffnet, reicht die Schlange der Patienten vom Wartezimmer bis hinaus in den Flur. Überall stehen und sitzen Eltern dicht gedrängt mit ihren Kindern, wenn es sein muss, auch auf dem Boden. Babys schreien, Mütter wiegen sie auf dem Arm. Sie kommen aus Mangalore und aus der Region. Manche sind mit dem Bus hierher gefahren oder stundenlang gelaufen. Es ist heiss, geradezu stickig, obwohl die Fenster geöffnet sind und der Warteraum wie in Indien üblich nur halbhohe Wände hat.
In Vikram Shettys kleinem Büro dreht sich ein Ventilator. Die Einrichtung könnte schlichter kaum sein: ein Tisch, zwei Stühle, ein Schrank aus Stahl, in der Ecke ein Computer, an dem seine Assistentin sitzt. Dr. Shetty, ausgebildeter Allgemeinmediziner und Gesichtschirurg, gilt in Indien nicht nur als einer der grössten Spezialisten für die Operation von Gesichtsmissbildungen, sondern auch als einer der effizientesten: Bis zu 1000 Patienten operiert er pro Jahr. Von Prof. Sailer persönlich ausgebildet, führen die beiden die Sprechstunden auch gemeinsam durch, so oft der Professor Mangalore besucht.
 

Die Visiten laufen sehr konzentriert ab. Die Patienten betreten den Raum, Dr. Shetty fragt, wie es ihnen geht, sie tauschen ein paar freundliche Worte. Dann beurteilt er den Status quo der Behandlung: ob eine Operation gut verlaufen ist, ob die Wunden verheilen, ob sich die Sprachfähigkeit kleiner Kinder ohne Störungen entwickelt, welche Folgebehandlungen notwendig sind. Seine Sekretärin notiert alles in der entsprechenden Datei – und das war es auch schon.
 

Noch heute erzählt Prof. Sailer von dem Tag, an dem Vikram Shetty und er gemeinsam 543 Patienten auf diese Weise gesehen und untersucht haben: “Das war am letzten Tag des Jahres, an Silvester 2013. Wir hatten bis nach Mitternacht intensiv gearbeitet und den Jahreswechsel in der Klinik verpasst, hinterher waren wir beide völlig erschöpft. Aber es war das beste Silvester, das ich je erlebt habe.“ Das ist es, was die beiden Ärzte teilen, was sie antreibt: Die grosse Befriedigung, die sie aus den Ergebnissen ihrer Arbeit ziehen.